Freitag, 1. August 2008

Roth 2008

Nachdem wir die „Sache“ mit dem Vorderrad geklärt haben und das Leihrad Samstag vormittags abgeholt haben, war es dann soweit.

Es ging zum Rad Check-In. Zum Glück waren wir so früh, daß wir bis zum Kanal runterfahren konnten und dort einen perfekten Parkplatz unter der Brücke gefunden haben. Da es mal wieder angefangen hat zu regnen, konnten wir uns auch keinen besseren Parkplatz wünschen. Im Trockenen haben wir dann das Rad aufgebaut, nochmals gecheckt, Probe gefahren und dann ging’s um kurz nach 1 schon zum Check-In. Zum Glück war es noch leer, so daß ich sofort an der Reihe war und meinen perfekten Radplatz einnehmen konnte: direkt bei den Pro’s, 2. Ständer vor dem Ausgang. Sonst noch Fragen? ;-)


Dann hieß es nur noch, Helm auf’s Rad, Plane drüber, Wechselzone beschnuppern und Laufbeutel abgeben.


Im Anschluß ging es zur Verwandschaft ins Hotel zu Kaffee & Kuchen.

Das Wetter war hundsmiserabel, ich hatte mich schon damit abgefunden, Sonntags im Regen zu starten. Meine Hoffnung lag aber immer noch darin, daß es Samstag ausregnet und Sonntags dann endlich mal die Sonne rauskommt. Pustekuchen! – aber dazu später!

Meine Henkersmahlzeit bestand aus einer Riesenpizza, die wir in der Fürther Altstadt im Rahmen eines Musikfestivals mit komischer Musik gegessen haben. Die Pizza oder meine Aufregung war so groß, daß ich nur die Hälfte geschafft habe... Zum Glück hatte es endlich aufgehört zu regnen...


Widererwartend bin ich gut eingeschlafen, aber nach ca. 3 Stunden war ich dann auch schon wieder wach. Im Bett hin und her gewälzt, immer mal nach draußen gehört – zum Glück kein Regen – und immer wieder kurz eingeschlafen. Um halb 3 ging dann nichts mehr, ich war wach! Es regnet immer noch nicht!


2:55 Uhr – es fängt an zu regnen. Mist! 3 Uhr Wecker klingelt, die Enttäuschung über den Regen ist immens. Wofür habe ich jetzt so lange und hart trainiert? Mein 1. Ironman und dann so ein Wetter?! Das ist unfair!!


2 Milchbrötchen und ein Kaffee zum Frühstück und schon ging’s ab nach Heuberg. Bei der Oberarmbeschriftung war noch nichts los, so kam ich direkt dran. Ab in die Wechselzone und Rad aufpumpen etc. Da es komischerweise noch keine Aufpasser gab, konnte Thomas mit in die Wechselzone. Das war auch gut so, denn die Musik, die laut aus allen Lautsprechern tönte, hat mich schon überfordert. Ich war schon vor dem Start völlig erledigt und hatte Tränen in den Augen. Ich glaube, Thomas habe ich an diesem Morgen ein wenig in den Wahnsinn getrieben. Fragen über Fragen, „wann muß ich was machen?", was mach ich jetzt?", soll ich jetzt oder soll ich noch warten...?“




Und dann war’s soweit! Plane vom Rad, Neo an, Beutel abgeben. Ein letzter Anruf von meinen Eltern, ein letzter Kuß und dann ging’s zum Start. Als ich im Wasser war, war ich sofort viel ruhiger. Die Haka-Tänzer haben gut abgelenkt und irgendwann ging es los. Ohne Startschuß drängt die Gruppe nach vorne, was soll ich machen? Ok – ich schwimme mit, tauche unter der Startlinie her und versuche den richtigen Wasserschatten zu finden. Nach anfänglichen Problemen finde ich ein Opfer, welches mich gut und sicher zur 1. Wendeboje bringt. Dort verliere ich sie dann aber und hänge mich an eine andere, die aber leider einen akuten Linksdrang verspürt und irgendwie nicht geradeaus schwimmen kann. Thomas immer in Sichtweite, besser geht’s nicht. Daumen hoch – ok ich liege gut in der Zeit!



An den Schwimmausstieg kann ich mich nicht richtig erinnern, irgend jemand stand im Wasser und hat mir die Hand gereicht, aber die Zuschauer hab ich definitiv nicht gesehen ;-) Neo runter, Kappe und Brille runter, auf zum Beutel. Dieser steht - natürlich auch perfekt - quasi 2 m vor dem Wechselzelt. Ich habe also viel Zeit. Dank der Helferin im Zelt muß ich mich um nichts kümmern, sie räumt sogar den Neo und den Beutel weg. Ein kurzes Danke und weg bin ich. Auf zum Rad. Da das Rad ja sehr einfach zu finden ist, hab ich hier keine Probleme. Den Kampfrichter der vor meinem Rad steht wird erstmal weggescheucht. Rad aus dem Ständer und – Moment irgendwas stimmt nicht. Ach ja, der Helm! Den muß ich ja noch anziehen. Ok – Rad zurück, Helm und Brille an und los. Raus aus der Wechselzone, rauf aufs Rad, rein in die Schuhe.


Mittlerweile hat es sich eingeregnet aber dank der orangen Brille ist die Welt wieder schön ;-)


Die erste Runde versüße ich mir mit Liedern, die ich mir vorsinge (natürlich nur im Kopf ;-). Kid Rock und „All Summer Long“ wird zu meinem absoluten Lieblingslied. „Zipping Whiskey out the bottle“ und dazu ein Schluck aus der Aero-Flasche – Köstlich! Das Iso ist wirklich zum Abgewöhnen! Aber meine Laune bleibt trotzdem gut. Ich lächle jeden an, der an der Strecke steht. Alle rufen meinen Namen – ich kenne keinen, die Moderatoren heißen mich willkommen und es macht echt Spaß! Thomas steht am Gredinger Berg und will mir Armlinge reichen, paßt schon, so kalt ist es nicht. Ich fahre weiter. Und dann ist es soweit. Auf einmal bin ich in Hilpoltstein und weiß, jetzt kommt der Solarer Berg. Ist er wirklich so toll? JA! Ich fahre und sehe auf einmal nur noch eine Horde Menschen auf der Straße stehen. Ok – und wo soll ich herfahren? Außenrum? Ne, einfach geradeaus und 5 cm vor mir wird ein Weg geöffnet. Laolas, Jubel und alles was sonst noch dazugehört treiben mir die Tränen in die Augen und den Puls in die Höhe. Natürlich bin ich viel zu schnell gefahren, aber das Publikum trägt einen wortwörtlich hoch. Es ist der Hammer! Maria’s Willkommensgruß, den der Moderator noch bei meinem Erscheinen gesagt hat, hab ich auch halb mitbekommen. Jetzt kennt mich wirklich jeder! Weiter geht’s, ab in die 2. Runde.


Es geht echt gut, Thomas ruft mir immer zu, daß ich viel zu schnell unterwegs bin, ca. 20 Minuten vor meiner errechneten Zeit. Das merk ich dann auch zum Schluß. Die 2. Runde ist hart. Der Rücken, der Nacken einfach alles tut weh, das Wetter ist mies und langsam hab ich keine Lust mehr Rad zu fahren. Ich breche ein... Noch 10 km bis zum Wechsel, dehnen, strecken und die Freude endlich von dem Rad zu kommen und loszulaufen!


Hilfe – was ist denn das? Meine Beine staksen und wollen nicht. Also gehe ich zu meinem Beutel. Ab ins Wechselzelt, die Socken wollen nicht ans Bein. Geschätzte Wechselzeit 10 Minuten, zum Glück waren es dann inkl. Pinkelpause nur gute fünfeinhalb... Raus aus der Wechselzone, mittlerweile ist die Sonne rausgekommen, und ab auf die Lauftrecke. Nach 2 Schritten muß ich schon stoppen. Stechende Schmerzen im Bauch, ich muß gehen. Die Zuschauer am Rand feuern mich an, die Läufer, die mich überholen, feuern mich an. Aber es geht nicht. Die Kappe tiefer ins Gesicht – mein Gott ist das peinlich – die Sprüche der Zuschauer versuche ich abprallen zu lassen und bloß nicht heulen. Irgendwann sehe ich Thomas. Ein sorgenvolles Gesicht, er bleibt bei mir. Auf dem Weg zur Lände kommen die Pro-Männer mir entgegen. Und ich gehe immer noch. 5 km Fußmarsch, der Versuch auf’s Klo zu gehen, scheitert daran, daß die Dixie-Klos zugeschlossen sind. Irgendwann besteht dann endlich die Möglichkeit mit den Bäumen im Wald Freundschaft zu schließen. Und zum Glück haben wir Immodium akut Tabletten dabei, welche sehr schnell die Wirkung zeigen...


Ich laufe im Schnitt ein 7-Minuten Tempo; von einer Verpflegung zur Nächsten.


In der Verpflegung gibt’s Cola und Wasser. Thomas ist immer mal wieder irgendwo. Ab km 15 muß ich ab und zu ein paar Gehpausen machen und ich merke, daß mein Magen wieder anfängt zu spinnen. Nächste Tablette und weiter geht’s. Auf dem Weg zum 2. Wendepunkt fängt es wieder an zu regnen. Dicke fette Tropfen prasseln auf uns herab. Meine Eltern und Geschwister, Thomas Mutter + Günther sind alle unterhalb der Brücke und feuern mich an. Alle stehen den ganzen Tag im strömenden Regen – und das Ganze nur weil ich mir die Idee in den Kopf gesetzt habe... - Danke! Weiter geht’s. Ab durch den Wald, durch den Schlamm. Vor der Brücke noch mal eine Gehpause. So langsam hab ich keine Lust mehr! Thomas und fremde Leute feuern mich an und überzeugen mich wieder loszulaufen. Dahinter steht der Rest der Familienbande. Ich laufe einfach weiter. Auf dem Rückweg zur Lände – es hat übrigens aufgehört zu regnen - treffe ich einen Mitstreiter und wir laufen zusammen bis zur nächsten Verpflegungszone. Von dort geht es dann alleine weiter, links abbiegen, die letzten 3 Kilometer, und endlich geht es leicht bergab. Es läuft sich eigentlich ganz gut. Thomas verabschiedet sich irgendwann. Der neue Treffpunkt ist dann das Ziel! Er gibt mir den Tipp den Anstieg vor dem Ziel zu laufen und nicht zu gehen. Wie recht er hat... Den Anstieg hoch um die Ecke und dort stehen sie – die Zuschauer. Ich werde bejubelt, die Leute feuern mich an und ich kann es kaum glauben - ich hab's geschafft! Ich bin fast im Ziel, der Kloß im Hals läßt mich kaum noch atmen.



Julia – reiß Dich zusammen - nur noch 1 km! Ich werde bejubelt, als ob ich der König der Welt wäre und dann sehe ich das Ziel. Ich laufe in das Stadion ein, meine Familie steht am Rand und jubelt – wie die anderen Menschen auch – und - Finish! Ich bin im Ziel! Ich bin ein Finisher! Ich hab's geschafft!


Wie wird es wohl sein, so einen Wettkampf im Trockenen bei gutem Wetter zu erleben? Gute Frage – die Antwort kommt im nächsten Jahr...


Roth 2009 – ich komme!